Veränderte Kindheit:
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Einschulung 2007

Unsere Elternvertreter(Elternbeirat):

Elternbeiratsvorsitzende: Monika Weber Tel.: 2237 
Stellvertreterin: Ute Wunsch, Tel.: 1696

Die Klassenelternvertreter:

1a: Marion Steininger, Tel.: 3035, Horst Karl Strobel 1544,                                                                                                                          1b: Frank Schneider, Tel.: 960304, Beate Kluge Tel.: 969846                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            

2a: Gudrun Schrom, Tel.: 969627, Bernhard Ott, Tel.: 969496

2b: Karin Finkbeiner, Tel.: 960330, Antje Töpsch, Tel.: 3451
3a: Ute Walz, Tel.: 960453, Anja Laubel, Tel.:3245

Die Schulkonferenz (07/08)

Vorsitzender:                            Schulleiter Albert Fritz            
Stellvertreter:                            Elternbeiratsvorsitzende:
                                               Monika Weber (Kl. 7),
Elternvertreter für die Schulkonferenz:
                                               Monika Weber (Ute Wunsch)
                                               Simone Gerstner, (Christina Hennig))
                                               Frank Schneider, (Marion Steininger)
Lehrer/innen:                        
                                               H. Lang             (Reinhard Karl))
                                               Fr. Schmitz
                                               Fr. Hornung          (Gunther Janischowsky)
                                               Fr. Jaekel              (Katia Vorbach)
                                               H. Schneider          (Gerlinde Wurz)
                                               H. Karl
Schüler/innen:                      
   Schülersprecher              Vertreter f. Schulkonf.:              Vertreter f. Schulkonf.:          )
 


 

Die Änderungen unserer Erziehungssituation wird in dem folgenden Aufsatz unter einem wesentlichen Aspekt betrachtet. Zur Begründung der Notwendigkeit einer neuen Art der Arbeit in der Schule wird er von der Schulleitung der GHS Forbach zur Lektüre bestens empfohlen!

Pädagogik Helmut Zöpfl/Wilma Aigner

Veränderte Kindheit, veränderte Jugend -
Verlust der Primärerfahrungen

Konsequenzen für Schule und Familie

Vor einigen Semestern erschien zur mündlichen Staatsexamensprüfung im Fach Schulpädagogik eine Studentin für das Lehramt an Grundschulen und brachte einige Schachteln mit. Erstaunt fragten wir - mein Zweitprüfer und ich, was sie da dabei habe. Sie meinte, sie wolle aus ihrer Praxisarbeit berichten, und da habe sie für Grundschulkinder eine Art Sensitivpfad gebastelt. Sie ließ uns einen Blick in die Schachteln tun. Die eine enthielt Sand, die andere Kies, eine weitere Erde usw. Dann erklärte uns die Kandidatin, dass sie die Kinder zur Sensitivierung immer wieder barfuß und mit verbundenen Augen durch die Kartons steigen lasse. Nach der Prüfung dieser engagierten Lehramtskandidatin stellten wir bei der internen Nachbesprechung lächelnd fest, wie sich doch die Zeiten geändert hätten. Denn vor mehreren Jahren, in denen das Barfußlaufen im Sommer für Kinder fast obligatorisch war, hätte es einer eigenen sensorischen Einschulung auf diesem Sektor nicht bedurft.

1. „Verlust der Primärerfahrung“ – nur ein Schlagwort?

Dass sich die Erfahrungs- und Erlebniswelt unserer Kinder ganz entscheidend verändert hat, zeigt auch der Verlust des Schulweges, der in der Regel doch ziemlich lang war, gerade deshalb aber selbst in der Großstadt intensive Gemeinschaftserfahrungen ermöglichte und enorme Möglichkeiten der Sinnesbetätigung bot. Aus der früheren Weggemeinschaft ist eine Zweckgemeinschaft im Schulbus geworden in der die Kinder meist nur noch damit zugange sind, ein Ersatzfrühstück einzunehmen und Hausaufgaben zu erledigen.

Diese Beobachtungen haben eines gemeinsam: Die unmittelbare, originäre Begegnung mit der Wirklichkeit geht immer mehr verloren zugunsten künstlicher, sinnlich verkümmerter und qualitativ reduzierter Erfahrungsmöglichkeiten unserer Kinder und Jugendlichen. Wir sprechen von einem Verlust der Primärerfahrungen, an deren Stelle die so genannte "sekundäre Wirklichkeit" tritt. Dieses Phänomen ist ein wesentlicher Aspekt einer entscheidend veränderten Lebenswelt unserer Kinder und Jugendlichen. Ohne kulturpessimistisch zu sein oder in das traditionelle Lamentieren über die Jugend von heute zu verfallen, belegen viele Entwicklungen unserer Zeit, dass man von einer veränderten Kindheit und Jugend sprechen kann.1

Zu den größten Problemen unserer Zeit gehört der Verlust der primären Wirklichkeit. Vorangetrieben wird diese Tendenz durch die veränderte Freizeitsituation unserer Kinder. Wo immer weniger Erlebnisse und Erfahrungen gegeben sind, wo immer weniger Sinne beansprucht werden, vor allem das Haptische viel zu kurz kommt, ergibt sich das enorme Problem, dass Kinder die Realität immer mehr nur von den Medien kennen. Wo Erfahrungen fehlen, reduziert sich die Möglichkeit der mehrdimensionalen Verarbeitung, die Frage nach dem Sinn des Ganzen entzieht sich immer mehr, wird unscharf, verliert an Tiefe und eine Antwort lässt sich immer schwerer finden. Kinder übernehmen immer häufiger vom Fernsehen dieses oder jenes Wort, wobei dies häufig nur frei schwebende Begriffe2 sind, Worthülsen ohne Inhalt. Bedeutungen von Begriffen entstehen erst in der konkreten Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit3. Die Gefahr dieser Tendenz ist, dass sich mehrere Schein- beziehungsweise Halberfahrungen aneinander reihen und von Kindern immer seltener zu einem sinn-vollen Gesamtbild vereint werden. Ideologien, neue "Autoritäten" oder fragwürdige Kulte erhalten so eine fruchtbare Chance, denn die Suche nach Sinn erstirbt nicht und fehlende Antworten schaffen Ängste und Anfälligkeiten.

 

Je mehr unser Leben an Unmittelbarkeit verliert, je weniger echte Gemeinschafts- und Sinnerfahrungen möglich sind, je mehr wir das Leben und die Welt nur aus der Vermittlung "kennen", desto schwerer wird nicht nur das Gelingen persönlicher Sinnfindung, sondern auch das "Sich-auf-die-Suche-Begeben".
 

Der Verlust der Unmittelbarkeit, die Dominanz der Sekundärerfahrung in einer kommerzialisierten Scheinwelt ist jedoch kein überraschend neues Phänomen. Schon 1955 hat der Soziologe Hans Freyer in seinem Buch "Die Theorie des gegenwärtigen Zeitalters" auf den immer stärkeren Verlust der unmittelbaren Erfahrung und die Zunahme der "sekundären Systeme" hingewiesen.4 Der Pädagoge Hartmut von Hentig sprach im Jahre 1984 vom "allmählichen Verschwinden der Kindheit“5. Der „Verlust der Primärerfahrung“ ist mittlerweile zu einem Schlagwort geworden und damit in der Gefahr, als Modewort instrumentalisiert und nicht mehr ernst genommen zu werden. Fragen wir zunächst, was sich hinter diesem Phänomen genauer verbirgt.

2 Die sekundäre Wirklichkeit in der veränderten Kindheit und Jugend

 

2.1 Gibt es überhaupt Primärerfahrungen? 6

Es ist leicht einzusehen, dass die Unterscheidung zwischen Primärerfahrung und Sekundärerfahrung theoretischer Art ist. Eine im strengen Sinn unmittelbare, direkte, eben primäre Erfahrung gibt es gar nicht. Sie ist immer schon vermittelte, also indirekte, sekundäre Erfahrung. Auch wenn die Wirklichkeit niemals im strengen Sinn primär erfahren werden kann, ist dennoch nicht zu leugnen, dass Indirektheit und Mittelbarkeit der Erfahrung mit dem Fortschritt der Technik zunehmen. Ehemals ursprüngliche, natürliche Prozesse, Handlungen und Verhaltensweisen werden in einer künstlichen, konstruierten, technisch erzeugten Welt erfahren. Wenn man sich statt im Cafe im Internet verabredet oder statt Liebesbriefe eine Message im Computer sendet, dann ist öffentlich etwas verloren gegangen. Die direkte, unmittelbare Begegnung mit anderen Menschen wird ersetzt durch einen mediatisierten, technisch umgeleiteten und anonymen Einbahnstraßenkontakt, wodurch die Lebendigkeit zwischenmenschlicher Beziehung stirbt. Dabei ist der Verlust von Primärerfahrungen ein konstantes Phänomen in der neuzeitlich-europäischen Zivilisationsgeschichte. Otto Borst hat gezeigt, wie sich vom Mittelalter zur Neuzeit die Erfahrung von Entfernung, Zeiten und Räumen ändern. 7. Säkularisierung, Technisierung und zunehmende Mobilität haben zur Folge, dass Raum und Zeit nicht mehr anthropologische Kategorien, sondern physikalische Größen werden, die quantifizierbar sind. Mit der zunehmenden naturwissenschaftlichen Präzision gehen zugleich die Lebensnähe und das Erfah- rungspotenzial von Raum und Zeit verloren.

Kennzeichen der so genannten "Zweiten Industriellen Revolution" ist die rasante Übermittlung von Informationen durch moderne Kommunikationsmittel und Massenmedien. Telegraf und Telefon, Film und Kino, Funk und Radio, Fernsehen und Video, Computer und multimediale Digitalsysteme sind zu Symbolen geworden, die den Modus der Wirklichkeitserfahrung so schnell verändern, dass die Auswirkungen auf die menschliche Lebenswelt bisher noch gar nicht hinreichend analysiert werden konnten. Während die Politik zu sehr auf die wirtschaftliche Nutz- anwendung neuer Kommunikationstechnologien schielt, haben insbesondere die Geisteswissenschaften ihre liebe Mühe, die neuen technischen Entwicklungen zu verstehen, vor allem aber die ambivalenten Folgen für die menschliche Lebenswelt und auch die kindliche Entwicklung abzuschätzen.

Ungeachtet dessen kann als Ergebnis dieses Rückblicks festgehalten werden: Die technische Entwicklung in der neuzeitlichen Zivilisationsgeschichte hat den Modus der Erfahrung von Raum und Zeit sowie die Möglichkeiten der Informationsverarbeitung in dramatischer Weise verändert. Im Folgenden soll aus pädagogischer Sicht am Beispiel des übersteigerten Medienkonsums das Ausmaß dargestellt werden, in dem Kindern und Jugendlichen wesentliche Primärerfahrungen verloren gingen. Abschließend werden wir Konsequenzen für die praktische Erziehungsarbeit in Familie und Schule aufzeigen.

2.2 Untersuchungsergebnisse zum Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen8

 

Es besteht kein Zweifel, dass die Vielfalt an Medien und deren Verbreitung in den letzten Jahren erhebliche Ausmaße angenommen hat. In nahezu allen Haushalten (98 %) gibt es mindestens einen Fernseher. Der Fernsehkonsum von Kindern und Jugendlichen ist in den letzten Jahren entsprechend deutlich gestiegen. Die durchschnittliche tägliche Sehdauer (Fernsehen) beträgt bei 3- bis l3-Jährigen etwas ein- einhalb Stunden und steigt mit zunehmendem Alter.9 Problematisch ist das Fernsehverhalten vor allem bei Vielsehern beziehungsweise intensiven Nutzern von Medien.lo Vielseher verbringen beispielsweise vier oder mehr Stunden vor dem Fernseher, oftmals bis in den späten Abend hinein. Die Nutzung auditiver Medien gehört zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten von Heranwachsenden; die Nutzungsdauer vervierfacht sich mit zunehmendem Lebensalter.ll Nahezu 50 Prozent der 12- bis 19-Jährigen besitzen laut JIM- Studie im Jahre 1999 einen eigenen PC, nimmt man die Zusatzausstattung mit Computer-Spielkonsolen (Playstation, Nintendo) dazu, hatten im Jahre 1998/1999 beispielsweise in Nordrhein-Westfalen von den 9- bis l4-Jährigen nur acht Prozent der Kinder keinen Zugriff auf PC und Spielkonsole.12 Die Computer-Nutzungsdauer beträgt bei 12- bis l7-Jährigen täglich im Schnitt etwa 94 Minuten, wobei die täglichen Nutzer bis zu zwei Stunden vor dem PC sitzen und die Nutzungsdauer mit zunehmendem Alter zunimmt. 13


Zusammenfassend ist festzuhalten: Kinder verwenden einen großen Anteil ihrer Freizeit für die Nutzung der ihnen zur Verfügung stehenden Medien, sei es das Fernsehen, der Computer oder CDs und anderes. Bonfadelli 14 geht davon aus, dass Kinder durchschnittlich vier bis fünf Stunden am Tag Medien nutzen. Dabei verbringen sie die Hälfte der Zeit mit auditiven Medien, etwa ein Drittel mit audiovisuellen Medien und etwa eine gute halbe Stunde mit Printmedien.

Mit dem durch Satellitenfernsehen weit vergrößerten Programmangebot veränderte sich unter dem Diktat der Einschaltquoten auch die Qualität der Sendungen.15 Bei Kindern stehen Unterhaltungssendungen und Zeichentrickfilme an erster Stelle16 aber auch Werbespots haben einen hohen Beliebtheitsgrad. Knapp vor Actionfilmen sowie Thrillern liegen noch Comedyserien wie "Alf' oder "Eine schrecklich nette Familie". Auf besonderes Interesse stoßen aber in den letzten Jahren Soapoperas wie "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" oder "Marienhof'. Vor allem die im Nachmittagsprogramm auftauchenden Talkshows weisen einen hohen Zuschaueranteil bei Kindern und Jugendlichen auf, wobei der Trend rückläufig ist.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der in den letzten Jahren rasant gestiegene Medienkonsum die Freizeit und Lebenswelt unserer Kinder und Jugendlichen stark verändert hat. Auch wenn sich dabei eine Reihe von Chancen und Vorteilen ergeben, scheint uns doch die Entwicklung vom Unmittelbaren hin zum Mittelbaren zahlreiche Gefahren für die (gesundheitliche) Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen mit sich zu bringen, auf die wir im Folgenden eingehen.

2.3 Gefahren des übersteigerten Medienkonsums

Körperliche Situation unserer Kinder

Wie eine Vielzahl von Untersuchungen zur körperlichen Verfassung von Kindernl7 bestätigen, hat sich der körperliche Zustand unserer Kinder in den letzten Jahren erschreckend zum Negativen verändert. 50 bis 65 Prozent der 8- bis 18-Jährigen haben Haltungsschwächen beziehungsweise -fehler, mehr als 30

 

 

Prozent derselben Altersgruppe sind übergewichtig, was einer Verdoppelung im Vergleich der Jahre 1976 und 1996 entspricht, 20 bis 25 Prozent der 8- bis 18-Jährigen haben einen leistungsschwachen Kreislauf oder Kreislaufregulationsstörungen; 40 Prozent der Kinder klagen über Rückenschmerzen, 84 Prozent haben anormale Blutfettwerte (Cholesterin); 10 Prozent der 10-Jährigen weisen arterioskleröse Gefäßveränderungen auf und jedes 20. Kind hat Bluthochdruck. Erschreckend sind auch die Zahlen aus der Forschung zur motorischen Leistungsfähigkeit bei Schulanfängerinnen und -anfängern18: circa 75 Prozent der Erstklässler haben eine schwache Bauchmuskulatur, circa 50 Prozent der Kinder sind nicht in der Lage, 30 Sekunden den Einbeinstand auszuführen, etwa 10 Prozent sind hinsichtlich der Ausdauer als auffällig zu bezeichnen und mehr als 30 Prozent der Erstklässler verfügen über eine mangelnde Beweglichkeit. Neben diesen körperlichen Defiziten treten bei Kindern auch im psychosomatischen Bereich (z.B. Allergien, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Konzentrationsmängel und Aufmerksamkeitsdefizite) vermehrt Beschwerden auf.19

Verlust der Gemeinschaft

Gerade in einer Zeit, in der die Großfamilie zusammengeschrumpft ist, in der Einzelkinder immer häufiger werden2o nimmt die Vereinzelung zu. Ein Mit-Einander in einer lebendigen Freundschaft, das stets von neuem ausgehandelt und ausgehalten werden muss, tritt immer mehr in den Hintergrund. Postmoderne Ideale wie Individualismus, Emanzipation, Unabhängigkeit und anderes lassen das Gemeinschaftserleben immer seltener werden, wodurch auch die Möglichkeit verloren geht, wertvolle gemeinschaftsspezifische Erfahrungen zu sammeln. Erlebnisse und Erfahrungen der Zusammengehörigkeit, gemeinsamer Freude, des Sich- Verstehens, des Zusammenhalts, der Rücksichtnahme, des Mitfühlens, des Helfens, aber auch des Konflikts, der Konfliktbewältigung, des Versöhnens, des Vergleichs zum Beispiel im Wettbewerb werden immer seltener, gehören heute nicht mehr selbstverständlich zum Erfahrungsschatz von Kindern, auf den die Schule aufbauen kann - sie muss ihn zunehmend erst ermöglichen. Dieser Gemeinschaftsverlust und die dadurch bedingte Kommunikationslosigkeit und Sprachlosigkeit bis hin zur Vereinsamung bieten einen fruchtbaren Boden für Gewalt und negative Formen der Aggression 21, da Kinder immer weniger in der Lage sind, in eine echte Kommunikation miteinander zu treten, ja überhaupt ins Gespräch zu kommen. Forciert wird dieser Trend durch einen übermäßigen Medienkonsum, der nicht erst funktionierende Kommunikationsstrukturen zerstört, sondern aufdeckt, dass Kommunikation als soziale Interaktion häufig längst nicht mehr stattfindet.22

Verfrühung

Das Fernsehen, die Medien im Allgemeinen führen sehr häufig zu einer enormen Verfrühung. Vor allem in der Werbung wurde das Kind als Konsument entdeckt. Dementsprechend zielt ein großer Teil vornehmlich des privaten Fernsehens darauf ab, dem Kind Wünsche aufzuoktroyieren, die in der Regel nicht kindgemäß von der Erwachsenenwelt auf die Kinderwelt aktiviert werden. Dies kann bei Kindern zu Abhängigkeiten, Unselbstständigkeit und Identitätsverlust führen.

Destruktion der Sinne durch permanente Überstimulation

Die permanente, vielfältige, intensive und schnell wechselnde Stimulation unserer Sinne führt zu einer Abstumpfung beziehungsweise Destruktion unserer Sinneswahrnehmungen. So werden wir zunehmend unfähig, unsere Wahrnehmungsorgane sensibel und differenziert einzusetzen.

Wertorientierung

Im Zusammenhang mit der Gewaltproblematik ist darauf hinzuweisen, dass auch die Wertorientierung der Kinder und Jugendlichen auf sekundäre Weise beeinflusst wird. Besonders in Talkshows werden Kinder und Jugendliche unter dem Deckmantel der "Toleranz" innerhalb kürzester Zeit mit den extremsten Werten konfrontiert, ohne dass Maßstäbe, erkennbar wären, die zur Erkenntnis des Wahren und Guten, aber auch des Schönen beitrügen. "Jedem das Seine - mir das Meiste" - diese Parole scheint typisch für den diffusen Wertekosmos unserer Medienzeit zu sein. Modetrends und unrealistische Idole, wie sie in den Medien immer mehr als Symbole zur Alltagsbewältigung dargestellt werden, tragen auch dazu bei, dass Kinder und Jugendliche Fiktion und Wirklichkeit nicht mehr hinreichend unterscheiden lernen. "Der Rückzug in virtuelle Welten dürfte die echte noch unwirklicher machen. 23 Kinder und Jugendliche werden so illusioniert und der realen Alltagswelt entfremdet. Anstrengung, mühevolle Leistung über einen längeren Zeitraum hinweg, ja sogar Verzicht und Askese können so in ihrer grundsätzlichen Bedeutung von jungen Menschen kaum mehr erkannt werden.

Fassen wir kurz zusammen: Alle geschilderten Folgen übermäßigen Medienkonsums als Indikator für den Verlust von Primärerfahrungen sind deshalb für die jungen Menschen so gefährlich, weil sie verhindern, dass Kinder und Jugendliche fähig werden, ihr Leben zu bejahen, ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln und dadurch ihren Alltag sinnorientiert und verantwortungsbewusst zu gestalten. Familie und Schule müssen daher ihren Erziehungsauftrag wieder ernster nehmen. Folgende Anregungen sollen Hilfestellung dafür geben:

3. Erzieherische Konsequenzen für Schule und Familie

Technische Entwicklungen bringen neben einer Fülle von neuen Möglichkeiten und Chancen immer auch Gefahren mit sich. Eine Pädagogik, in deren Mittelpunkt das Wohl des Kindes steht, muss daher die Veränderungen als Herausforderungen betrachten, um daraus Konsequenzen für die erzieherische Arbeit abzuleiten. Eine intensive Medienerziehung setzt voraus, dass Familie und Schule den Kindern nicht nur Sachkenntnisse, sondern auch Maßstäbe vermitteln, mit deren Hilfe sie sich in der immer komplizierter werdenden Wirklichkeit zurechtfinden können und so aus echter Ich-Stärke heraus handeln. Jede pädagogische Reflexion setzt ein bestimmtes Menschenbild voraus. Auf der Grundlage der personalen Pädagogik24 ist der Mensch ein im wahrsten Sinne des Wortes "Lebe"-Wesen, ein Sinnen- und Leib-Seele-Wesen. Angesichts der Dominanz der sekundären Wirklichkeit ergeben sich für die familiale und schulische Erziehung eine Reihe von Konsequenzen:

 

  • Der junge Mensch mit seinen spezifischen und entwicklungspsychologisch typischen Fragen und existentiellen Bedürfnissen steht im Mittelpunkt der Erziehung. Seine Fragen, Wünsche und Ängste, Hoffnungen und Träume sind Ausgangspunkt jeder erzieherischen Hilfestellung von Eltern und Lehrern. Gerade in der Familie ist die zeitintensive Zuwendung und Beschäftigung mit den Kindern eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Kinder im sicheren Gefühl der Geborgenheit und des Vertrauens eine gesunde Ich-Stärke entwickeln können. Gegen jede Pädagogisierung und Psychologisierung gilt es, das Recht auf Kindsein wieder mehr zu respektieren.
  • Entgegen der sekundären Wirklichkeit kommt es stärker darauf an, dem Kind Gelegenheiten zu erschließen, das Faszinosum Leben unmittelbar zu erfahren. Entsprechend dem pädagogischen Prinzip der Lebensnähe sollte gerade in einer technisierten Welt das Wunder des Lebens, seine Vielfalt und Dynamik, aber auch der Geschenkcharakter des Lebens dem Kind erfahrbar werden. Das Staunenkönnen ist ja bekannterweise auch aus entwicklungspsychologischer Sicht eine wesentliche Voraussetzung dafür, Vertrauen in die Wirklichkeit zu gewinnen und so zu Verantwortung fähig zu werden. Es braucht aber Zeit dafür, bestimmte Erfahrungen zu sammeln, diese verstehen und einordnen zu können. Nicht die Überflutung mit Informationen, sondern die echte Begegnung mit der Wirklichkeit in altersgemäßer Form hilft dem Kind, ein lebensbejahendes und sinnerfülltes Verhältnis zur Welt zu gewinnen.
  • Diese Verantwortungsfähigkeit, wie sie aus dem Urvertrauen zu den Eltern und der Geborgenheit in der Familie erwächst, muss in der Schule dadurch gefördert werden, dass die Lehrer ihre Unterrichts- und Erziehungsziele möglichst in der originalen Begegnung dem Kind nahe bringen. Abstrakte Begriffe müssen mit Leben gefüllt, begreifbar und erfahrbar gemacht werden.
  • Insbesondere im religiösen Bereich scheint in der familialen und schulischen Erziehung die Vermittlung eines lebendigen Glaubens verloren gegangen zu sein. Dort, wo die Eltern an ihrem Glauben keine Freude mehr haben, diesen nicht mehr als Antwort auf die Sinnfrage verstehen, da wird jeder didaktisch noch so versierte Religionsunterricht zum Misserfolg verdammt sein.
  • Insbesondere in der Familie, aber auch in der Grundschule ist eine stärkere Gewichtung des Spieles und der damit verbundenen Spielfreude zu beachten. In unseren Untersuchungen zur Drogenprävention des Projektes "LIVE LEBEN" konnten wir belegen, dass Kinder und Jugendliche, die sich in Spiel- und Sportgemeinschaften betätigen, am besten vor der Flucht aus dem Alltag in die Drogensucht geschützt werden.25 Schule und Familie müssen im Spiel und darüber hinaus jene Gemeinschaftserlebnisse fördern, aus denen die Kinder und Jugend- lichen wesentliche personale und soziale Fähigkeiten gewinnen. Vor diesem Hintergrund müssen wir den verschiedensten Bereichen der Freizeiterziehung wieder größere Aufmerksamkeit zuwenden.
  • Eltern und Lehrer sollten stärker den Mut zum Vorbild haben. Angesichts der ethischen Orientierungslosigkeit in der Werteinflation der sekundären Wirklichkeit gilt es, die jungen Menschen zur Urteilsbildung zu befähigen und zum sittlichen Handeln zu ermutigen. Kinder und Jugendliche können besonders dort zu Persönlichkeiten heranreifen, wo sie aus einer festen Überzeugung heraus im Gegensatz zu gesellschaftlich dominierenden Strömungen stehen.
  • Erziehung als Lebenshilfe rückt die ganzheitliche Bildung als Globalziel in den Mittelpunkt. Medienkompetenz darf nicht nur heißen, bestimmte Kulturtechniken im Umgang mit neuen Geräten zu vermitteln, sondern die Kinder und Jugendlichen gerade auch im Umgang mit ihren Gefühlen zu stärken, dass sie nicht sofort auf fragwürdige Scheinwirklichkeiten der Medien hereinfallen.
  • Unverzichtbar notwendig ist eine besondere Förderung der wert- und sinnorientierten Dimensionen des menschlichen Lernens. Es gilt, die jungen Menschen bei der lebenslangen Auseinandersetzung mit der Sinnfrage zu fördern und zu begleiten, damit sie so wirklich einen Stand im Leben gewinnen und fähig werden, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden (DeLagarde). Die Fülle der Informationen und Wertangebote lässt häufig vergessen, dass dabei die Frage nach dem Sinngrund unseres Daseins, nach den Orientierungsmaßstäben umso größeres Gewicht bekommt. Vernetztes Denken braucht Haltepunkte. Sinn- und Orientierungswissen ist im Rahmen einer mehrdimensionalen Bildung unverzichtbar .
  • Prof. Dr.phil. Dr.rer.nat. Dr.h.c. Helmut Zöpfl,

    Lehrstuhl Schulpädagogik, Universität München

    Dr. Wilma Aigner,

    Lehrstuhl Schulpädagogik,

    Universität München
    aus:
    SchulVerwaltung BW. Nr. 6/2004 8 (Siehe dort auch die Erklärung der Fußnoten!)

     

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